Wie jeden Tag saß ich auch gestern an meinem Schreibtisch, um am vierten Band meiner Antiquerra-Saga
weiterzuschreiben. Es war still im Raum, so still, dass ich das leise Brummen
meines PC's wahrnahm, dessen Töne sich mit dem Summen der Deckenbeleuchtung
vermischten. Das Geräusch ging mir nicht aus den Ohren und es regte mich auf, umso
mehr weil sich das virtuelle Blatt Papier auf meinem Bildschirm einfach nicht mit Worten füllen wollte.
Plötzlich hörte ich jedoch noch etwas anderes.
Draußen auf
dem Flur klangen leise Schritte. Ich lauschte. War das etwa Antonia? Die kartenlegende
Protagonistin meines Krimis "Ein tödliches Geheimnis" besuchte mich
oft. Aber nein, die Schritte klangen anders! Während ich noch überlegte, wer das sein könnte, ging
die Tür auf, und ein Mann trat herein. Er trug einen weitschwingenden
Ledermantel. Er sah jung aus, aber sein Gesicht wirkte ein wenig zu blass und seine
Augen wurden von den für Vampire typischen feinen roten Rändern umrahmt, das sah ich sofort.
"Luczin!", rief ich überrascht, weil ich ihn kannte.
Er war nämlich ein wichtiger Protagonist meiner Antiquerra-Saga und die Hauptperson von
Band 3 "Vampirblut".
Mit einem umwerfenden Lächeln sah er mich an. "Hallo,
meine Schöne."
Ich strich mir eine Strähne meiner schnittlauchglatten
Haare hinters Ohr und lächelte zurück. "Ich dachte, du bist mit deinen
Gefährten unterwegs, um ein bestimmtes Tor zu suchen?"
Luczin holte sich einen Stuhl und setzte sich zu mir.
"Wir haben das nicht aufgegeben, Süße."
Der angenehmen Duft nach Wald und feuchter Erde, der ihn
umgab, stieg mir in die Nase. Ich atmete unauffällig ein und schaute ihn dann
aufmerksam an. "Du willst etwas von mir, nicht wahr?"
Luczin grinste. "Du kennst mich gut ..."
Nun ja, ich war schließlich die Autorin und bereits über
drei Bände der Antiquerra-Saga hinweg mit ihm vertraut.
Er beugte sich vor und sah mich ernst an. "Was weiß du über die
Dinge, die derzeit hinter den Nebeln von Antiquerra im Gange sind?"
Seine Frage überraschte mich. "Die Zeichen dort stehen
auf Sturm, aber das ist nicht euer Kampf, das hat Lena dir doch schon gesagt."
Luczin nickte. "Ja, und dennoch ― meine Gefährten und
ich sind überzeugt, dass alles, was im Augenblick hüben und drüben passiert,
miteinander zusammenhängt." Er sah mich durchdringend an. "Uns wurde
gesagt, dass bei den Problemen hinter den Nebeln alles von einer Magierin
namens Lili abhängt und es gefällt mir nicht, dass das den Erfolg unserer eigenen
Aktivitäten beeinflussen könnte. Ich vermute, dass das Mädel bei dir war und
ich muss wissen, was sie dir erzählt hat!"
Das hätte ich mir ja denken können! Weil Luczin und seine Gefährten (bis auf einen) in der neuen Folge der Antiquerra-Saga nicht in die Ereignisse eingreifen konnten, wandte er sich an mich. Und natürlich erkannte er das
richtig: die Probleme hinter den Nebeln hingen mit den neuesten Entwicklungen in Antiquerra zusammen, aber auf welche Weise und mit
welchen Folgen, das durfte ich ihm nicht sagen. Ich schaute ihn wieder an.
"Lili erzählte mir von dem Raben Barbarossa, der sie begleitet."
Luczin wedelte ungeduldig mit der Hand. "Ich weiß, dass Niven sich jetzt
Barbarossa nennt."
Ich betrachtete das leere, virtuelle Blatt Papier auf meinem
Bildschirm und seufzte. "Bis jetzt ahnt Lili nur, dass etwas nicht in
Ordnung ist. Aber sie vertraut ihrem Raben, auch wenn sie nicht erfahren darf, wer
wirklich unter dem Federkleid steckt. Das ist gut! ... Auf ihre Freunde kann sie
sich auch verlassen, wie sie mir sagte."
"Hm, bisschen mager. Was hat sie noch erzählt?"
Luczins Blick wurde mit einem Mal zwingend und nur mit
großer Mühe gelang es mir, seinen manipulativen Kräften zu widerstehen. Ich hob
die Hand und unterbrach damit den Blickkontakt.
"Hör auf, Luczin!",
fauchte ich. "Wenn du mein Bewusstsein ausschaltest, wirst du auch nicht
mehr erfahren, nur unsere Freundschaft riskieren!"
Er fing an zu lachen, dass seine Vampirzähne sichtbar
wurden. "Süße, wenn ich das wollte, würdest du das gar nicht
mitbekommen." Er beugte sich zu mir und nahm meine Hände. "Reg dich
ab, ich wollte dich nur testen."
Ich machte mich von ihm los. "Das war nicht nett!"
"Aber entspannend."
"Nicht für mich!"
Luczin zog mich aus meinem Stuhl hoch, nahm mich in den Arm
und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Ah, ich würde nichts gegen deinen
Willen tun. Du weißt, dass ich dich mag, meine Schöne."
"Hm ..." Ich war nicht ganz überzeugt, aber der
Ärger fiel allmählich von mir ab. Vermutlich half Luczin da ein wenig nach, das
traute ich ihm durchaus zu. Ich straffte den Rücken.
"Luczin", sagte
ich dann, "was hinter den Nebeln geschieht, könnt ihr nicht beeinflussen,
das weißt du genau. Aber wenn in Antiquerra die Dinge in Bewegung kommen, müsst
ihr das Tor zur Felsenwelt der Juncta gefunden haben. Ihr habt versprochen, es zu suchen. Nur das ist für euch jetzt wichtig!"
Er hielt mich ein Stück von sich weg und sah mich prüfend
an, jedoch ohne mich zwingen zu wollen. "Rechne damit, dass ich jetzt
öfter vorbeischaue, du weißt ja, dass ich nicht so schnell lockerlasse
..."
Ich nickte. "Oh ja, das weiß ich."
Eine Weile später verabschiedete sich Luczin. Ich wandte
mich wieder dem virtuellen Blatt Papier zu, das mir am Bildschirm
entgegenleuchtete. Wie von Zauberhand füllte es sich nun mit Worten und Sätzen. Aber Luczin durfte davon nichts erfahren, wenn er das nächste Mal wiederkam ...
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