Mittwoch, 22. Februar 2017

Besuch in der Schreibstube (2)



Wie jeden Tag saß ich auch gestern an meinem Schreibtisch, um am vierten Band meiner Antiquerra-Saga weiterzuschreiben. Es war still im Raum, so still, dass ich das leise Brummen meines PC's wahrnahm, dessen Töne sich mit dem Summen der Deckenbeleuchtung vermischten. Das Geräusch ging mir nicht aus den Ohren und es regte mich auf, umso mehr weil sich das virtuelle Blatt Papier auf meinem Bildschirm einfach nicht mit Worten füllen wollte.

Plötzlich hörte ich jedoch noch etwas anderes.

Draußen auf dem Flur klangen leise Schritte. Ich lauschte. War das etwa Antonia? Die kartenlegende Protagonistin meines Krimis "Ein tödliches Geheimnis" besuchte mich oft. Aber nein, die Schritte klangen anders! Während ich noch überlegte, wer das sein könnte, ging die Tür auf, und ein Mann trat herein. Er trug einen weitschwingenden Ledermantel. Er sah jung aus, aber sein Gesicht wirkte ein wenig zu blass und seine Augen wurden von den für Vampire typischen feinen roten Rändern umrahmt, das sah ich sofort.

"Luczin!", rief ich überrascht, weil ich ihn kannte. Er war nämlich ein wichtiger Protagonist meiner Antiquerra-Saga und die Hauptperson von Band 3 "Vampirblut".

Mit einem umwerfenden Lächeln sah er mich an. "Hallo, meine Schöne."

Ich strich mir eine Strähne meiner schnittlauchglatten Haare hinters Ohr und lächelte zurück. "Ich dachte, du bist mit deinen Gefährten unterwegs, um ein bestimmtes Tor zu suchen?"

Luczin holte sich einen Stuhl und setzte sich zu mir. "Wir haben das nicht aufgegeben, Süße."

Der angenehmen Duft nach Wald und feuchter Erde, der ihn umgab, stieg mir in die Nase. Ich atmete unauffällig ein und schaute ihn dann aufmerksam an. "Du willst etwas von mir, nicht wahr?"

Luczin grinste. "Du kennst mich gut ..."

Nun ja, ich war schließlich die Autorin und bereits über drei Bände der Antiquerra-Saga hinweg mit ihm vertraut.

Er beugte sich vor und sah mich ernst an. "Was weiß du über die Dinge, die derzeit hinter den Nebeln von Antiquerra im Gange sind?"

Seine Frage überraschte mich. "Die Zeichen dort stehen auf Sturm, aber das ist nicht euer Kampf, das hat Lena dir doch schon gesagt."

Luczin nickte. "Ja, und dennoch ― meine Gefährten und ich sind überzeugt, dass alles, was im Augenblick hüben und drüben passiert, miteinander zusammenhängt." Er sah mich durchdringend an. "Uns wurde gesagt, dass bei den Problemen hinter den Nebeln alles von einer Magierin namens Lili abhängt und es gefällt mir nicht, dass das den Erfolg unserer eigenen Aktivitäten beeinflussen könnte. Ich vermute, dass das Mädel bei dir war und ich muss wissen, was sie dir erzählt hat!"

Das hätte ich mir ja denken können! Weil Luczin und seine Gefährten (bis auf einen) in der neuen Folge der Antiquerra-Saga nicht in die Ereignisse eingreifen konnten, wandte er sich an mich. Und natürlich erkannte er das richtig: die Probleme hinter den Nebeln hingen mit den neuesten Entwicklungen in Antiquerra zusammen, aber auf welche Weise und mit welchen Folgen, das durfte ich ihm nicht sagen. Ich schaute ihn wieder an. "Lili erzählte mir von dem Raben Barbarossa, der sie begleitet."

Luczin wedelte ungeduldig mit der Hand. "Ich weiß, dass Niven sich jetzt Barbarossa nennt."

Ich betrachtete das leere, virtuelle Blatt Papier auf meinem Bildschirm und seufzte. "Bis jetzt ahnt Lili nur, dass etwas nicht in Ordnung ist. Aber sie vertraut ihrem Raben, auch wenn sie nicht erfahren darf, wer wirklich unter dem Federkleid steckt. Das ist gut! ... Auf ihre Freunde kann sie sich auch verlassen, wie sie mir sagte."

"Hm, bisschen mager. Was hat sie noch erzählt?"

Luczins Blick wurde mit einem Mal zwingend und nur mit großer Mühe gelang es mir, seinen manipulativen Kräften zu widerstehen. Ich hob die Hand und unterbrach damit den Blickkontakt. 

"Hör auf, Luczin!", fauchte ich. "Wenn du mein Bewusstsein ausschaltest, wirst du auch nicht mehr erfahren, nur unsere Freundschaft riskieren!"

Er fing an zu lachen, dass seine Vampirzähne sichtbar wurden. "Süße, wenn ich das wollte, würdest du das gar nicht mitbekommen." Er beugte sich zu mir und nahm meine Hände. "Reg dich ab, ich wollte dich nur testen."

Ich machte mich von ihm los. "Das war nicht nett!"

"Aber entspannend."

"Nicht für mich!"

Luczin zog mich aus meinem Stuhl hoch, nahm mich in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Stirn. "Ah, ich würde nichts gegen deinen Willen tun. Du weißt, dass ich dich mag, meine Schöne."

"Hm ..." Ich war nicht ganz überzeugt, aber der Ärger fiel allmählich von mir ab. Vermutlich half Luczin da ein wenig nach, das traute ich ihm durchaus zu. Ich straffte den Rücken. 

"Luczin", sagte ich dann, "was hinter den Nebeln geschieht, könnt ihr nicht beeinflussen, das weißt du genau. Aber wenn in Antiquerra die Dinge in Bewegung kommen, müsst ihr das Tor zur Felsenwelt der Juncta gefunden haben. Ihr habt versprochen, es zu suchen. Nur das ist für euch jetzt wichtig!"

Er hielt mich ein Stück von sich weg und sah mich prüfend an, jedoch ohne mich zwingen zu wollen. "Rechne damit, dass ich jetzt öfter vorbeischaue, du weißt ja, dass ich nicht so schnell lockerlasse ..."

Ich nickte. "Oh ja, das weiß ich."

Eine Weile später verabschiedete sich Luczin. Ich wandte mich wieder dem virtuellen Blatt Papier zu, das mir am Bildschirm entgegenleuchtete. Wie von Zauberhand füllte es sich nun mit Worten und Sätzen. Aber Luczin durfte davon nichts erfahren, wenn er das nächste Mal wiederkam ...




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Mittwoch, 1. Februar 2017

Besuch in der Schreibstube (1)



Heute hatte ich mir vorgenommen, das kreative Chaos auf meinem Schreibtisch zu beseitigen, das sich - ich weiß auch nicht wieso - immer wieder von Zeit zu Zeit bildet. Zunächst ließ ich meinen Blick schweifen: Die Lupe gehörte eigentlich in die Schublade, das war nur ein Handgriff, also gedacht, getan. Auch der Tesa-Abroller, der rechts auf einem Stapel beschriebenem Papier stand, war schnell wieder an seinem Platz, ebenso solche Kleinigkeiten, die gar nichts mit meinen üblichen Schreibwerkzeugen zu tun hatten, wie z.B. mein Maßstab oder die Türhaken, die ich für mein Regal zweckentfremden wollte. Schon bald konnte ich mich den Stapeln mit beschriebenem Papier zuwenden, die einen Großteil meiner Schreibtischfläche in Anspruch nahmen und massenweise Notizen zu Band 4 meiner Antiquerra-Saga enthielten, an der ich gerade arbeite. Das würde schwierig werden, denn vermutlich brauchte ich davon noch jedes notierte Wort. Ich hatte gerade die Stapel zusammengeschoben, um danach Blatt für Blatt die Notizen durchzulesen, da hörte ich, wie jemand in mein Büro trat. Zu meiner Überraschung war es Antonia, die Protagonistin meines Krimis: "Ein tödliches Geheimnis"

Antonias Blick flog über meinen Schreibtisch, der zwar bereits ein wenig übersichtlicher aber noch ganz und gar nicht aufgeräumt wirkte. 

Sie grinste. "Soll ich dir meine Schwester vorbeischicken? Die hilft dir sicher gern."

Ich wusste natürlich, dass Antonias Schwester Leni mit Staublappen und Putztuch umgehen konnte, schließlich war ich die Autorin des Krimis. Aber aus demselben Grund wusste ich auch, dass sie hölzerne Engel in Spüliwasser badete, was würde sie da erst mit meinem Holz-Schreibtisch anstellen? 

Entsetzt wehrte ich daher ab. "Danke, das schaff ich schon selbst!" Um von meinem Arbeitsplatz abzulenken, drehte ich mich mit meinen Drehstuhl herum und wandte mich Antonia zu. "Läuft es gut bei dir?"

Antonia strich sich betont beiläufig mit den Fingern durch ihre kastanienbraune Haarpracht. "Ich hab einen Hund gesucht, der verschwunden war." 

"Und?", fragte ich, obwohl ich die Antwort schon kannte.

Antonia atmete heftig aus und wurde lebhaft. "Stell dir vor! Bei meiner Suche hab ich eine Leiche entdeckt! Natürlich hab ich gleich unseren Kriminalkommissar Schmidt gerufen, aber der ist mit der Lösung des Falls bestimmt überfordert." Sie reckte das Kinn. "Jetzt kann ich ihm beweisen, was ich als Kartenlegerin drauf habe. Mit meinen Karten werde ich den Mörder nämlich garantiert finden!" Antonia schnaufte auf, trat neben mich und deutete auf meinen Schreibtisch, wo neben dem Stapel beschriebener Blätter noch die durcheinandergerutschten Lenormandkarten lagen. "Wie ich sehe, legst du auch Karten."

"Ja", sagte ich schlicht und verkniff es mir, darauf hinzuweisen, dass Antonias Kartenlege-Fähigkeiten von mir, ihrer Autorin, stammten und ich daher sehr wohl Kartenlegen können musste.

"Wie steht es mit Astrologie?", fragte Antonia neugierig.

"Kann ich natürlich auch."

Auf Antonias Gesicht lag ein zufriedener Ausdruck. "Toll! Dann sind wir ja Kolleginnen. Wir müssen uns unbedingt mal austauschen." Sie wurde resolut. "Aber erst muss ich den Mord aufklären!" Ich nickte und Antonia sah auf ihre Armbanduhr. "Huch ... so spät schon ... meine Schwester reißt mir den Kopf ab, wenn ich nicht pünktlich zu Hause bin. Seit sie weiß, dass ich mit meinen Karten einen Mörder finden will, hat sie nämlich Angst, dass ich mich in Gefahr bringe ..." Antonia hob die Schultern und grinste. "So ist Leni halt. Also - ich muss jetzt los."

Ich wusste zwar, dass Lenis Angst nicht unbegründet war, aber weil ich auch Antonia gut kannte, verbot ich es mir, etwas dazu zu sagen. Ich hielt nur ihre Hand einen Augenblick lang fest, als sie sich von mir verabschiedete. "Pass auf dich auf, Antonia!"

"Klar, und noch viel Spaß beim Aufräumen ...", hörte ich sie noch sagen und im nächsten Augenblick war sie schon zur Tür hinaus.

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